Offener Brief an Annegret Kramp-Karrenbauer

Normalerweise schreibe ich in meinem Blog keine politischen Texte. Die aktuelle Lage um die CDU und die Politik in Deutschland und den Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit durch die Vorsitzende der CDU Annegret Kramp-Karrenbauer zwingen mich quasi dazu. Hier ein Offener Brief an Annegret Kramp-Karrenbauer.

Hier die Aussagen der Vorsitzenden der CDU im Tweet (interessant sie auch ihre Followups im Thread):

Warum ich diesen Brief hier und nicht bei Facebook veröffentliche? Ich will Herr über meinen Content bleiben. Daher gibt es den Text hier auf einem Server über den ich die Hoheit habe. Den Brief selber habe ich der CDU auch per Post zukommen lassen. Hier also mein Offener Brief an Annegret Kramp-Karrenbauer:

An die Bundesvorsitzende der CDU
Frau Annegret Kramp-Karrenbauer
Konrad-Adenauer-Haus
Klingelhöferstraße 8
10785 Berlin

Bremen, 29.5.2019

Offener Brief – Zur Regulierung von Meinungen im Netz

Sehr geehrte Frau Kramp-Karrenbauer,

die von Ihnen angeregte Regulierung von Meinungen im Netz soll künftig genauer hinschauen, was Youtuber oder andere Menschen im Netz auch und gerade im Vorfeld von Wahlen von sich geben. Was genau Sie sich darunter vorstellen, erläutern Sie nicht.

Gleichzeitig verweisen Sie auf die Meinungsfreiheit als hohes Gut in Deutschland. Dieses Gut gilt es zu schützen. In diesen Punkten stimme ich mit Ihnen überein. Die Meinungsfreiheit sollte einer Volkspartei wie der CDU wichtig sein. Sie einzuschränken, weil es möglicherweise zu Äußerungen kommen kann, die nicht in das politische oder sonstige Weltbild ihrer Partei und ihrer Person passen, ist nicht nur ein Angriff auf die Meinungsfreiheit (und ganz nebenbei auch auf die Pressefreiheit), es ist ein Angriff auf die Demokratie, die Ihnen doch angeblich so viel wert ist.

Zur Demokratie gehören nun mal Meinungsverschiedenheiten und der politische Diskurs. Zur Demokratie gehört auch, dass der Souverän (also die Bürgerinnen und Bürger) nicht mit der aktuellen Politik einverstanden sein muss und dieses auch äußern darf. Es beschämt mich zu tiefst, dass ich Sie als Vorsitzende einer der größten deutschen Volksparteien an das Grundgesetz erinnern muss. Was Sie „Regulierung“ nennen ist nicht anders zu verstehen, als Zensur. Da hilft auch kein Herumreden und das Zünden von Nebelkerzen.

Ich will es ihnen leichter machen und ziehe einen Vergleich zur – Ihnen vielleicht besser vertrauten – analogen Welt:

Rezo und die anderen Youtuber hätten auch ganz simpel eine Demonstration einer großen deutschen Stadt anmelden und sich auf eine Bühne stellen können. Dort hätten sie genau das gleiche erzählen können, was sie nun im Netz getan haben. Es geht so gar noch besser: Sie hätten in vielen Deutschen Städten Demonstrationen anmelden und das ganze als Tournee gestalten können.

Das und wie so etwas funktioniert sehen sie an der Klimaaktivistin Greta Thunberg.

Das wäre also nicht nur legal gewesen, das wäre sein gutes vom Grundgesetz anerkanntes Recht. Rezo hat sich für einen anderen Weg entschieden, dem im Netz. Er hat eine große Community, die ihm dort folgt und zuhört/sieht was er macht. Er ist auch dort ein Meinungsführer. Nur weil im Netz die Menge der Menschen, die er erreichen kann größer ist, macht es die ganze Sache nicht illegal oder gar strafbar. Er äußert seine Meinung. Er empfiehlt Menschen, die CDU nicht zu wählen. Das kann er und das darf er. Er nutzt sein Grundrecht!

Um es Ihnen noch deutlicher zu machen: Was wäre, wenn Rezo seine Community aufgerufen hätte, die CDU zu wählen. Das wäre sicherlich nach Ihrer Interpretation auch Wahlmanipulation gewesen. Diese hätte Sie aber bestimmt wohlwollend zur Kenntnis genommen, oder?

Es macht mich – als bisher politisch eher weniger aktivem Menschen – nachhaltig bestürzt, dass ich Ihnen so etwas erklären muss. Viele Politiker finden mangelndes Interesse an Politik und dem konstruktiven Diskurs bedauernswert. Jetzt engagieren sich junge Menschen – mit den Möglichkeiten, die sie eben haben – und die einzige Reaktion der politischen Elite ist nicht zum Thema, sondern es wird versucht, sie davon abzubringen, oder sie zu „regulieren“. Eine Aussage wie die, die Sie in Ihrem Tweet und auch in der Öffentlichkeit getan haben, zeigt nur eines: Die CDU inklusive der Führung ist nicht in der Lage, politischen Gegenwind auszuhalten oder auch nur ansatzweise darauf adäquat zu reagieren. Ganz im Gegenteil: Sie und ihre Partei versagen dabei auf ganzer Linie.

Glauben Sie ernsthaft, dass sich junge Menschen (und ich zähle nicht dazu) diesen Umgang gefallen lassen? Glauben sie ernsthaft, dass sie Millionen von Menschen und deren Meinungen im Netz „regulieren“ können und dann alles so weitergeht wie bisher? Glauben Sie ernsthaft, dass diese Menschen, die Sie offenbar nicht ernst nehmen, bei den nächsten Wahlen dennoch die CDU wählen?

Ich würde mir wünschen, dass die CDU sich wieder mehr um die Probleme der Bundesrepublik kümmern würde als darum, Meinungen im Netz zu unterdrücken.

Ich hoffe, Sie erkennen den Ernst der Situation und ich hoffe auch, dass Sie die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Die Menschen, den Souverän, zu diskreditieren ist sicher nicht der richtige Weg.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Reimann

Den ganzen Brief als PDF gibt es hier:

Offener Brief an AKK

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